In den Jahren um 1500 rief Martin Luther dazu auf, Glaube und Kirche neu zu denken. Seine Idee, die katholische Kirche zu reformieren, führte zur Gründung einer neuen Glaubensgemeinschaft: der evangelisch-lutherischen Kirche. Auch in Wien verbreiteten sich seine Ideen und immer mehr Bürger:innen schlossen sich der Lehre der Reformation an – darunter auch Caspar Tauber.
Der Wiener Tuchhändler versteckte seine Gesinnung nicht, sondern bekannte sich öffentlich zu seinem Glauben. Er verteilte Flugblätter mit kritischen Ideen zum Fegefeuer, der Heiligenfürbitten sowie Ohrenbeichten. 1524 wurde er dafür schließlich angeklagt und ein Inquisitionsverfahren seitens der Fakultät für Theologie der Universität Wien eingeleitet. Für schuldig gesprochen gab man ihm die Möglichkeit des Widerrufs: Drei Tage in Folge müsse er mit einem Strick um den Hals vor dem Stephansdom büßen und seine Kleidung mit dem Zeichen eines Ketzers versehen. Caspar Tauber jedoch blieb seien Worten treu und ging am 17. September 1524 auf der Gänseweide in Erdberg als der erste Märtyrer Österreichs in die Geschichte ein.
Über das Urteil Taubers, seinen Gerichtsprozess und Widerstand erzählte uns Friedrich Forsthuber – Präsident des Landesgerichts für Strafsachen. Von Helmut Schuster dramaturgisch in die Zeit vor 500 Jahren eingeführt, folgte eine sozial-historische Verortung Caspar Taubers sowie eine juristische Auseinandersetzung mit seiner Anklage bis zu seiner Hinrichtung. Mit Matern Feuerbacher wurde ein vergleichbarer Gerichtsprozess 1527 geschildert, der nach jahrelangem Prozess seine Unschuld mithilfe eines Anwalts beweisen konnte.
Das Resultat: Es zeigte sich, dass das Gerichtsverfahren in der Neuen Frühzeit bereits erste Ähnlichkeiten mit der Judikative Österreichs aufwies. Zeitgeschichtlich geschah dies in einer Epoche, in der Bauernaufstände die Stimmung im Volk maßgeblich beeinflussten. So wurden 1525, ausgehend von den Bauern, „Die Zwölf Artikel von Memmingen“ und damit die erste niedergeschriebene Deklaration von Menschenrechten verfasst.
Ob heute oder vor 500 Jahren, Religionsfreiheit und das Recht auf einen fairen Gerichtsprozess stellen essentielle Pfeiler einer Demokratie dar. Dass dies nicht immer selbstverständlich war, zeigt die Geschichte Caspar Taubers.
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